Meine Geschichte

Nach einer „Bilderbuchschwangerschaft“ (O-Ton Frauenarzt) hätte ich am 01. August 2002 geboren werden sollen. Da ich „über der Zeit“ war erfolgte am Samstag, den 03. August 2002 ein Kontroll - CTG im Krankenhaus Groß-Umstadt. Dieses ist unauffällig, da aber das Fruchtwasser etwas wenig erscheint, wird für den nächsten Tag ein Belastungs CTG angesetzt. Als dann am Sonntag künstlich Wehen simuliert werden, reagiere ich heftig und keineswegs so, wie es sein sollte. Man vermutet, dass ich mich in die Nabelschnur gewickelt habe und schlägt vor, mich per Kaiserschnitt zu holen. Meine Eltern stimmen zu. So werde ich am 04. August um 14:21 Uhr auf die Welt gebracht. Ich habe ein Gewicht von 2930 Gramm und bin 49 cm. groß.

Zunächst scheint alles o.k. zu sein, ich darf mit Papa schon auf die Station, während Mama sich noch vom Kaiserschnitt erholt. Zusammen mit der Hebamme darf Papa mich waschen und im Arm halten. Meine Füße und Hände sind leicht bläulich und die Hebamme murmelt etwas davon, dass der Kinderarzt sicherheitshalber noch mal nach mir schauen soll und nimmt mich mit. Mama ist mittlerweile oben und wird von Papa empfangen. Erste Unruhe kommt auf, weil ich noch nicht da bin. Schließlich kommt ein Ärztekommitee die Tür herein und meine Eltern ahnen nichts Gutes. „Ich muß Ihnen leider mitteilen, dass Ihr Kind sehr wahrscheinlich einen morbus down hat. Sicherheitshalber möchten wir ihn auf die Intensivstation nach Darmstadt verlegen, um einen möglichen Herzfehler zu erkennen". ZACK, das hat gesessen und Mama und Papa haben nichts kapiert. „Morbus down“, schon mal gehört, aber was ist das ? Die Ärzte haben sich schon wieder dünne gemacht und Papa ruft die Hebamme und fragt, was das zu bedeuten hat. Sie erklärt Mama und Papa, dass sie ein „mongoloides“ Kind bekommen haben. Tränen – Wut – Selbstvorwürfe - Verzweiflung, wie konnte das passieren ??? Warten auf den Rettungswagen, der mich ca. 20 Minuten später abholt. Mama darf nicht mit, weil sie noch zu schwach ist. Papa versucht Mama zu trösten, obwohl er sich selbst schrecklich fühlt und gerne mitweinen möchte, aber er muß jetzt stark sein.

Er fährt kurz nach Hause, um die Großeltern zu informieren; keine leichte Aufgabe. Kurz danach kommt ein Anruf aus der Darmstädter Klinik. Der Verdacht auf einen Herzfehler hat sich bestätigt. Aufgrund der Komplexität soll eine Verlegung nach Kaiserslautern erfolgen.

Papa fährt zu Mama, um ihr die nächste Hiobsbotschaft zu überbringen. Ein gegenseitiges Zwicken hilft leider nichts, es ist kein Traum, es ist Realität. Papa flitzt im Auto nach Darmstadt, um nach mir zu sehen. Mir geht’s nicht wirklich gut. Ich liege im Brutkasten, bin verkabelt und bekomme Sauerstoff.

Papa will mehr über meinen Zustand und den Herzfehler wissen. Der einzige vorhandene Arzt ist ein junger Arzt im Praktikum, der sich bemüht, aber sichtlich überfordert ist. Schon seltsam, dass auf einer Intensivstation nur ein AIP’ler für alles verantwortlich ist.

Papa pendelt von nun an zwischen dem Darmstädter Klinikum (nach mir schauen) und dem Groß-Umstädter Krankenhaus (Mama trösten) hin und her.

Am Dienstag werde ich ins Westpfalzklinikum Kaiserslautern verlegt. Mama möchte mit, doch die Ärzte lehnen ab. Sie sei noch zu schwach vom Kaiserschnitt und einen weiteren Pflegefall könne man auf der Babystation nicht gebrauchen. Also pumpt Mama fleißig Muttermilch ab, die Papa und die beiden Großpapas täglich nach Kaiserslautern fahren. Am Samstag, dem 10. August darf Mama endlich zu mir. Papa bleibt natürlich auch da und nimmt sich ein Hotelzimmer, da er nicht auf Station bleiben darf. Mittlerweile stehen die Diagnosen endgültig fest: Trisomie 21 (down-syndrom) und kompletter AV-Kanal. Das heißt ich habe zwischen den beiden Vorhöfen und den beiden Herzkammern quasi keine Zwischenwände. Auch meine rechte Herzkammer ist möglicherweise zu klein. Das macht es mir nicht gerade leicht und das Trinken ist eine Qual für mich. Mama und Papa üben jeden Tag unermüdlich mit mir, doch ich schaffe nicht alles aus der Flasche, einen Teil bekomme ich über eine Magensonde. Es tut mir gut, dass meine Eltern so aufopferungsvoll für mich da sind und mich so annehmen, wie ich bin. Schließlich ist das nicht selbstverständlich. Jeden Tag geht es mir besser, die Medikamente sind gut eingestellt und helfen mir. Ich brauche keinen zusätzlichen Sauerstoff mehr und trinke meine Rationen aus der Flasche. O.k. ich brauche dafür 8 mal am Tag etwa jeweils eine Stunde und für meine nächtlichen Mahlzeiten muß ich geweckt werden, aber ich will schließlich endlich nach Hause und diese doofe Sonde, die in meiner Nase kitzelt endlich loswerden. Am 21. August ist es soweit: Professor Rupprath gibt das o.k., die Sonde wird gezogen und wir dürfen nach Hause. Yipppieee !!!

Die nächsten Monate bestehen praktisch nur aus Füttern. Mama pumpt wie eine Wilde Muttermilch ab, Mama und Papa füttern mich im Wechsel mit der Flasche. Die Fütterungszeiten von 8 Stunden und mehr am Tag sind unbeschreiblich und meine Eltern schlafen praktisch nicht mehr. Aber ich kann nicht schneller. Manchmal breche ich die mühsam in einer Stunde getrunkenen 50 ml einfach wieder heraus, weil ich soviel Luft geschluckt habe. Es ist zum Verzweifeln. Zwischendurch habe ich sogar mal ein bisschen an Mamas Brust getrunken, denn das war Mamas größter Wunsch, aber ich habe es leider nicht durchgehalten. Tag für Tag kämpfen wir um jedes Gramm Gewichtszunahme, denn die Vorgabe war bis zur geplanten Operation in 6 Monaten 5000 gr. zu wiegen. Am Anfang klappt das ganz gut mit der Zunahme, aber dann werde ich immer schwächer.

Am 07. November rücke ich wieder ins Westpfalzklinikum ein und soll unter Narkose eine Herzkathederuntersuchung gemacht bekommen.

Ich überstehe diesen kleinen Eingriff ganz gut und darf am 10. November wieder nach Hause.

Professor Rupprath schlägt einen OP-Termin im I. Quartal 2003 im Deutschen Kinderherzzentrum St. Augustin vor. Ich bin sehr froh, dass Prof. Rupprath so fair ist und meinen komplexen Herzfehler nicht selbst operieren will, obwohl er das sicherlich könnte. Er sagt, Dr. Urban in St. Augustin ist der beste Herzchirurg den es gibt und ich soll dort operiert werden.

Leider lassen meine Kräfte massiv nach, auch meine Eltern wissen langsam nicht mehr weiter, denn ich verweigere immer mehr die Nahrung.

Am 13. Dezember will ich nicht mehr trinken und schreie nur noch. Am Samstag, dem 14. Dezember entschliessen sich meine Eltern, mit mir direkt in die Kinderklinik Darmstadt zu fahren.

Dort angekommen, bin ich nach stundenlangem Schreien endlich vor Erschöpfung eingeschlafen. An der Pforte berichten meine Eltern über die Probleme und weisen auch extra daraufhin, dass ich ein Kind mit komplexen Herzfehler bin, was die Situation eigentlich klar darstellen sollte.

Die diensthabende Schwester blickt nur auf mich, fragt: „down-Syndrom ?“, was korrekt, in diesem Moment aber sicher unerheblich ist, und klärt Mama und Papa auf, dass dies keine offene Ambulanz, sondern eine Notfallambulanz ist.

Für unseren offensichtlich minder schweren Fall sei der Notdienst der Kinderärzte zuständig.

Papa erklärt, das wir trotzdem gerne die fachkundige Hilfe des Krankenhauses in Anspruch nehmen würden. Daraufhin wird er belehrt, dass wir dann mit „3-4 Stunden Wartezeit“ rechnen müssen, da man nicht genau weiß, wo der einzige Arzt sich gerade aufhalte.

Derart eingeschüchtert fahren wir wieder nach Hause, wo wir eine weitere schlimme Nacht verbringen. Am Sonntag ist die Situation nicht mehr tragbar. Wir fahren zum kinderärztlichen Notdienst. Der dortige Kinderarzt erkennt die Situation richtig (ich war kurz vorm Austrocknen) und überweist uns in die Kinderklinik, wo wir schließlich mit 1-tägiger Verspätung an der Pforte angenommen werden.

Dort wird die ganze Sache ad absurdum geführt. Die diensthabende Ärztin hat Bedenken mich aufzunehmen, da die Klinik für „ein Kind mit so einem Herzfehler“ nicht gerüstet sei.

So waren wir also am Samstag nicht Notfall genug um aufgenommen zu werden und am Sonntag ein zu großer Notfall, um aufgenommen zu werden. Ein starkes Stück !

Papa wirft ein, dass wir sicherheitshalber ein Herz-Ultraschall in Darmstadt machen lassen könnten, da die Klinik ja über einen Kardiologen verfügt. Antwort: „Beim Ultraschall sehen wir auch nicht mehr, als mit bloßem Auge.“ Aha ! Sehr interessant, warum kaufen die Kliniken bloß diese nutzlosen teuren Geräte ?

Nach telefonischer Rücksprache mit einem anderen Arzt dürfen wir schließlich bleiben. 

Die diensthabende Schwester Kerstin auf der Intensivstation indes zeigt sich, wie alle Schwestern dort, verständnisvoll, einfühlsam und sehr kompetent. Dies liegt sicherlich auch daran, dass sie Mama und Papa zugehört hat, anstatt vorschnell zu urteilen.

Nun waren wir also aufgenommen. Meine Bauchkrämpfe gehen weg, dafür kommen unerklärliche Fieberschübe und ein Virus mit folgender Lungenentzündung.

Als  Papa beobachtet, wie mein Tropfen Lanitop (das Medikament, das mich am Leben erhält) in der Milchflasche (die ich nie geschafft oder wieder erbrochen habe) aufgelöst werden soll, wird er echt sauer. Hat hier eigentlich jemand 'ne medizinische Ausbildung ???
Papa gibt von nun an die Medikamente selbst und zwar direkt auf die Zunge, wie sich das gehört.

Am 23.12. wird uns von den Ärzten angeboten, dass wir an Weihnachten tagsüber für 7-8 Stunden „beurlaubt“ werden können. Darüber haben wir uns sehr gefreut.

Als meine Eltern sich abends dann von den Schwestern mit der Aussage, dass sie mich am nächsten Morgen abholen, verabschieden, wird ihnen mitgeteilt, dass sich das nach dem Herz-Ultraschall geändert hätte; eine Beurlaubung sei nicht mehr vorgesehen, ob man denn nicht mit uns gesprochen hätte ! Obwohl verschiedene Ärzte mehrfach vorbeigelaufen sind und uns auch vom Kardiologen fest zugesagt wurde, dass noch am selben Tag mit uns über das Ultraschallergebnis gesprochen werde, sind Mama und Papa nicht informiert worden. Daraufhin wollen sie nun umgehend einen Arzt sprechen, die aber alle schon nach Hause gegangen waren. Ein Skandal ! Mama und Papa verbringen eine schlimme Nacht, in der Angst, dass beim Ultraschall etwas lebensbedrohliches entdeckt wurde.

Am nächsten Morgen bittet der Oberarzt zum Gespräch. Er teilt meinen Eltern mit knappen Worten mit, dass sie mich für 3-4 Stunden mit nach Hause nehmen können, wenn sie ihm ein Formular unterschreiben, dass sie die Verantwortung dafür übernehmen, falls ich zuhause sterbe. Die Rückfrage, ob denn beim Ultraschall eine Verschlimmerung zu erkennen war, wird verneint. Papa bittet um eine medizinische Einschätzung, ob es denn nun gefährlich sei, mich mit nach Hause zu nehmen, insbesondere da dies am Vortag ja von der Ärzteschaft angeboten wurde und sich mein Gesundheitszustand laut seiner Aussage nicht verschlechtert hat. Antwort: „Aus medizinischer Sicht bestehen keine Bedenken, dennoch kann er Ihnen zu Hause wegsterben und dann möchte ich nicht die Verantwortung tragen, unterschreiben Sie hier, dass Sie das Risiko übernehmen.“ Konsterniert über die Arroganz und Grobheit bitten meine Eltern nochmals um seinen ärztlichen Rat. „Den gebe ich Ihnen nicht, das müssen Sie als Eltern entscheiden.“ Danke für’s Gespräch; natürlich sind wir nicht nach Hause. Frohe Weihnachten Dr. Golla ! 

Sehr ungewöhnlich und absolut unverantwortlich fanden meine Eltern auch, dass ein 16-jähriger Junge mit ansteckender Meningitis auf die Baby-Intensivstation zwischen schwer kranke Säuglinge gelegt wird.

Eigentlich war jetzt schon klar, in dieser Klinik können wir nicht bleiben. Durch viel Telefoniererei hat Papa mittlerweile einen OP-Termin für mich in St. Augustin am 10. Januar bekommen.

Also wollen wir bis dahin durchhalten. Doch mein Zustand verschlechtert sich täglich, die Ärzte treffen mehr als konfuse Anordnungen, können und wollen nichts erklären und wirken inkompetent und unfreundlich. Aus Protest stelle ich das Trinken komplett ein und fiebere jede Nacht auf 40 °C hoch, um tagsüber auf unter 36°C zu fallen.

Am 31.12. platzt meinen Eltern der Kragen, sie fordern eine sofortige Verlegung nach St. Augustin. Nach einer langen Diskussion mit dem völlig überforderten Oberarzt („Eine Verlegung muß Tage vorher vorbereitet werden, blablabla“) kann dieser dazu bewegt werden mit St. Augustin zu telefonieren. Nach Darstellung meines Zustandes wird ihm „gehörig der Kopf gewaschen“. St- Augustin fordert eine sofortige Verlegung. Eine Stunde später steht der Rettungswagen bereit und es kann losgehen.

Mama und Papa fahren nach Hause zum Packen und ich fahre schon mal vor.

Auf der Fahrt haben sie mich fast noch kleingekriegt, ich komme mit 41,1° C Fieber und mit 100% Sauerstoff überversorgt an, obwohl bekannt war, dass ich aufgrund meiner pulmonalen Hypertonie nicht soviel Sauerstoff haben darf. In St. Augustin muss ich von den kopfschüttelnden Ärzten und Schwestern mit Eispackungen erst wieder reguliert werden. 

Der Virus der in Darmstadt „absolut unbestimmbar“ war, konnte übrigens in St. Augustin in kürzester Zeit als RS-Virus nachgewiesen werden. Es handelt sich nämlich um einen „typischen und vorwiegend im Rhein-Main-Gebiet auftretenden Krankenhaus-Virus !“ 

Meine Eltern und ich können nur jedem, sofern möglich, dringend von einem Aufenthalt in der Kinderklinik Darmstadt abraten.

Schade um die Kinderkrankenschwestern auf der Intensivstation, die nett, einfühlsam und sehr fachkompetent sind. Sie hätten ein besseres Ärzteteam verdient. 

Nun bin ich also in St. Augustin auf der Intensivstation (K 1) und werde langsam wieder hochgepäppelt. Die Medikation wird verändert und vernünftig eingestellt und ich werde gut betreut. Mama und Papa sind ständig bei mir und wohnen in der Elternwohnung auf dem Klinikgelände.

Mein Zustand verbessert sich und ich darf auf die Kardiologische Abteilung (K 3). Es sieht so aus, als könnte ich den OP-Termin doch noch halten.
Doch der RS-Virus schlägt noch mal voll zu: ich bekomme einen Rückfall, die Röntgenbilder meiner Lunge zeigen fast nur noch eine weiße Fläche. Erneut stelle ich das Trinken ein. In der Nacht zum 16. Januar fällt meine Lunge in sich zusammen. Schleunigst werde ich wieder auf die K 1 verlegt. Ich schaffe es nicht mehr alleine zu atmen und werde intubiert. Aber ich will leben, dieser verflixte Virus wird mich nicht besiegen !!!
Erneut rappele ich mich auf und kann am 25. Januar wieder extubiert werden. Uff, jetzt aber fertig machen zur OP, bevor es zu spät ist !
Der Termin wird auf den 03. Februar festgelegt.
Der RS-Virus lässt nicht locker und nutzt meine angeschlagene Lunge gnadenlos aus. Ich erleide einen Rückfall und muß am 31. Januar erneut intubiert werden. Mir geht's echt nicht gut.
Die Ärzte entscheiden, dass der OP-Termin gehalten wird. Wenn wir es jetzt nicht versuchen, ist es vielleicht zu spät ! 

Am Montag, dem 03. Februar 2003 ist es so weit.
Dr. Urban und sein Team korrigieren in einer 8-stündigen Operation meinen AV-Kanal, meinen hypoplastischen rechten Ventrikel (zu kleine rechte Herzkammer), das offene Foramen Ovale, die Subaortenstenose und die Subpulmonalstenose so wie den persistierenden Ductus Arteriosus.
Ich war die Rekordzeit von 160 Minuten unter cardioplegischem Kältearrest und hatte eine Gesamtzeit an der Herz-Lungen-Maschine von 3 Stunden 43 Minuten.
Dr. Brecher und Dr. Urban waren fix und fertig und sprachen vom schwierigsten kompletten AV-Kanal, den sie je operiert haben.
Mann, bin ich froh dass die beiden mich operiert haben, sonst hätte ich echt keine Chance gehabt.
In den folgenden Tagen ist mein Zustand schwankend. Der erste Versuch mich zu extubieren scheitert. Aber im zweiten Versuch klappt es.
Jetzt geht es langsam bergauf, Infusion für Infusion wird abgeklemmt, nur mit dem Trinken klappt es nicht so recht.
Doch nach 3 Wochen klappt es und ich darf am 27. Februar nach Hause.
Yippie !!!! Danke St. Augustin !!!

 
So im Laufe des Sommers fühle ich mich eigentlich pudelwohl. Nur das mit der Milchtrinkerei, das wird mir echt zu doof – bin doch kein Baby mehr ! Ab sofort hätte ich gerne Teeschorle...oder Apfelschorle, ist mir egal, Hauptsache es ist nichts Warmes !

Irgendwann fällt meinen Eltern auf, dass ich nicht reagiere, wenn hinter mir plötzlich Geräusche auftreten. Ich hatte mich auch schon gewundert, dass die Menschen den Mund bewegen und ich sie nur ganz leise wahrnehme. Na, da wird es wohl mal Zeit für einen Hörtest ! Also ab in die Pädaudiologie (die ist speziell für uns kids !) in die Uniklinik Frankfurt. Mann, bis man da einen Termin bekommt ! Bei mehreren Hörtests rassle ich durch die Prüfung. Die Ärztin sagt, das liegt daran, dass ich Paukenergüsse habe. Was für’n Ding ???

Also, mein Papa hat es mir so erklärt:

Ein Paukenerguss tritt auf, wenn der Luftweg zum Mittelohr hin (die "Eustachische Röhre" oder "Tube") z.B.  durch einen Infekt, zugeschwollen ist und die geschwollene Schleimhaut zusätzlich einen Erguss bildet.

Bei uns „downies“ ist die Ohrtrompete oft so eng, dass sie schon bei kleineren Entzündungen zuschwillt. Eiter und Entzündungsflüssigkeit können dann nicht mehr aus dem Mittelohr abfließen und die Belüftung des Mittelohres ist nicht mehr gewährleistet. Das ist schlecht, denn dadurch kann man maximal so hören, wie wenn man eine ordentliche Portion Watte im Ohr hat. Bei länger andauernden Ergüssen kann es gar zu einer Schwerhörigkeit führen. Manchmal gehen Paukenergüsse von allein oder nach medikamentöser Behandlung wieder weg; wenn  nicht, muss die vergrößerte Rachenmandel (Polypen) entfernt und gegebenenfalls Paukenröhrchen gelegt werden. Das Trommelfell wird dann aufgeschnitten (Parazentese) und ein Röhrchen ’reingelegt, damit das Trommelfell sich nicht wieder verschließt. Die Aufgabe der Paukenröhrchen ist es, das Mittelohr von außen zu belüften, so dass die Flüssigkeit aus dem Mittelohr innerlich abgeleitet wird.

Bei uns kids sind Paukenröhrchen oft ein paar Jahre notwendig. Danach erst sind die Luftwege im Inneren des Kopfes so groß, dass die natürliche Belüftung funktioniert. Bis zu diesem Zeitpunkt sind dann eben  Ersatz-Belüftungen von außen nötig!

Nun denn, dann geh’ ich halt mal wieder ins Krankenhaus. Nach dem, was ich schon hinter mir habe, ist das wohl eine meiner leichtesten Übungen.

Es wäre natürlich zu einfach, wenn mal alles reibungslos ginge. Am 24.11.2003 im Offenbacher Krankenhaus angekommen, weiß man mal wieder nicht so recht, wer mich aufnehmen soll. Eigentlich werde ich ja ambulant operiert, soll aber wegen meiner tollen Vorgeschichte zur Kontrolle eine Nacht bleiben. Nach einigem Hin und Her, und dem dezenten Hinweis meines Papas, was denn mit der Endokarditisprophylaxe wäre („Oups, vergessen“, die Trottel !), komme ich mit zwei Stunden Verspätung endlich unters Messer. Der Eingriff ist ein Erfolg: die „Suppe“ in meinen Ohren ist entfernt und die Röhrchen liegen. Endlich kann ich vernünftig hören; das wird mir in meiner Entwicklung weiterhelfen !

Doch Ende Dezember geht es schon wieder richtig ’rund: ich hole mir eine saftige Mittelohrentzündung, die sich zu einer Mittelohrvereiterung weiterentwickelt ! Keines der Antibiotika spricht an. Unser neuer HNO meint, die Röhrchen wären evtl. ’rausgefallen und die angesammelte eitrige Flüssigkeit könne deswegen nicht abfließen. Also mal wieder in die Klinik und neue Paukenröhrchen legen lassen. Dies wird am 24.02.2004 ambulant (diesmal ohne Übernachtung) erledigt. Bzw. es wird nicht erledigt, denn es stellt sich heraus, dass die alten Röhrchen noch liegen. Also mal wieder umsonst narkotisiert. Meine Ohren werden nicht besser, es eitert weiter fleißig und der Dok meint, ich hätte eine Mastoiditis und solle operiert werden, um den Raum hinter dem Mittelohr (=Mastoid) auszuschaben und damit der Entzündung Herr zu werden. Papa (Doktor hobbyhalber) ist nicht begeistert und glaubt eher, dass sich Resistenzen gegen die eingesetzten Antibiotika gebildet haben und hier der casus knaxus liegt.

Glücklicherweise wurde bei Downie-Kinderarzt Dr. Gelb, den wir  1 ½ Wochen vorher konsultiert hatten, ein Abstrich aus dem Ohr genommen; das Laborergebnis flattert ’rein und siehe da: Papa hatte Recht !

Das Antibiotika wird erneut umgestellt und, welch Wunder, innerhalb von 3 Tagen ist die Entzündung/ Vereiterung komplett weg !

 

 

So Freunde,

da bin ich wieder. Mann, wie die Zeit vergeht. Jetzt haben wir schon September 2005.

Im Dezember 2004 sind wir umgezogen und so war die letzten Monate allerhand los.

Wir haben jetzt was eigenes mit einem tollen Garten.

Mir geht es eigentlich ganz gut. Ich hatte noch die ein oder andere Ohrenentzündung, aber ich denke, ich komme nun ohne neue Paukenröhrchen aus.

Mit dem Laufen klappt es noch nicht so recht. Ich bin super im Robben, da macht mir keiner was vor ! Krabbeln finde ich doof. Meine Eltern und meine Krankengymnastin wollen unbedingt dass ich das lerne, aber ich habe keine Lust.

Ich ziehe mich lieber an den Möbeln hoch und laufe daran entlang. Außerdem bewege ich mich viel im Bärengang; kennt Ihr den, der ist lustig ! Meine Eltern sagen, das wäre viel anstrengender als Krabbeln. Na und ?! Mir macht’s Spaß !

Mit dem Gleichgewichtssinn hapert es noch. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen bis zu meinem 3. Geburtstag zu laufen; hm, war nix, mein neues Ziel ist Weihnachten.

Seit dieser Woche bin ich ein Kindergartenkind !!!  Die anderen Kinder sind alle viel größer und können mehr, aber das macht nichts. Meine Eltern sagen, das nennt man „Einzelintegration“.

Mir macht’s jedenfalls Spaß !

Jetzt ist es schon Weihnachten und ich laufe noch nicht frei.
Mein Papa ist ein bißchen enttäuscht, aber er hat nur gesagt ich soll bis Weihnachten laufen, von frei war nie die Rede ! Soll er seine Wünsche doch klarer definieren !

Es ist März 2006 und nach zähem Husten über Wochen hinweg und vielen schlaflosen Nächten, bin ich wieder gut drauf. Ich laufe jetzt schon einige Meter frei, das ist ja echt nicht sooo schwer.
In Mainz besuche ich nun einmal die Woche die Praxis für Entwicklungspädagogik. Für meine Eltern sehr aufwändig, doch das bringt total viel. Ich habe einen richtigen Entwicklungsschub gemacht und plappere wie ein Buch. Mit der Aussprache hapert es noch, doch das kommt dann später !

He, he, Leute, es ist immer noch März und ICH KANN LAUFEN !!! Was für eine Freude...und was das Beste ist, ich komme an die Türgriffe dran, wenn ich mich gaaaanz lang mache. So liebe Eltern, Ihr habt es so gewollt; jetzt seht zu, wie Ihr mir hinterher kommt *kicher*!

09.April 2006
Das Baby, von dem man mir immer erklärt hat, dass es in Mamas Bauch ist, ist plötzlich auf Mamas Schoß. Das ist MEIN Platz !
Und soll der kleine Kerl jetzt etwa für immer bei uns bleiben ?
Papa sagt, dass das Baby Finn Noah heißt und nun zu unserer Familie gehört. Als großer Bruder soll ich ganz doll auf ihn aufpassen.
Hm, na mal sehen, dann bringe ich ihm erst mal ein paar Trauben und gebe ihm etwas Wasser aus meiner Flasche ab. Wie, darf er noch nicht haben ? Na, was denn nu ? Na schön, ich lern das schon noch; ich verspreche mir Mühe zu geben !

Es ist August und ich bin nun 4 Jahre alt ! Den Sommer habe ich ganz viel mit "Schwimmen" verbracht. Wann immer es ging, habe ich meine Eltern ins Schwimmbad gescheucht. Und da ist 'ne Riesen-Rutsche: Was für ein Spaß !
Und wenn es mal nicht ging, habe ich einfach ungefähr 273 mal am Tag "Schwimmen" gesagt und dazu die Gebärde gemacht. Hihi.
An meinen Bruder habe ich mich gewöhnt und ich passe ordentlich auf ihn auf, wie sich das für den Älteren gehört. Beim Windelwechseln bin ich der wichtigste Mann, Junge, Junge, wie würden die das nur ohne mich machen ?!
O.k., manchmal bin ich schon ein bißchen eifersüchtig. So ist es nicht unbedingt ein Zufall, dass ich ganz oft "Pipi" muß, wenn mein Bruderherz gerade gestillt wird *zwinker*. Bin halt voll im Toilettentrainig und ganz oft klappt es ja schließlich auch.

 

 

 

Wird fortgesetzt  !

 

 

 

 

 

 

 

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